Frieden braucht Mut!

Hallo, ich bin Lars Hofmann und spreche hier für die Linke im Kreis Konstanz.

Frieden braucht Mut! So lautete ein Plakatspruch meiner Partei im letzten Bundestagswahlkampf. Und ja, nichts könnte in diesen Tagen richtiger und wichtiger sein. Von allen Seiten schlägt uns eine Kriegsbegeisterung entgegen, als ob wir uns wieder im Kaiserreich befänden oder der deutsche Militarismus nicht in zwei Weltkriegen zu grabe getragen wurde. Das Mahnen der Toten ist im Berliner Politikbetrieb und den Redaktionsstuben dieses Landes verstummt.

Bislang verbrämt sich die neue Lust am Kriege noch als Notwendigkeit der Verteidigung, einer defensiven Wehrhaftigkeit. Dahinter steht ein Versprechen von Schutz, von Sicherheit in einer ungewissen Welt, mit der der Militarismus die von Krisen gebeutelten Menschen einzufangen versucht. Um diesen Menschen noch mehr Angst zu machen, wird eine Bedrohungslage aufgebauscht: Schon morgen kann der Ivan wieder am Rhein stehen! Die einzige Option? Massive Aufrüstung, die Wiedereinführung der Wehrpflicht und die Aktivierung der Reserve. Um das Volk wieder an die Waffen zu bringen, schüren sie Angst.

Zugleich ist der gerechte Krieg als Märchen der reinen Verteidigung zurück. Die Idealisierung begann mit dem ukrainischen Widerstand gegen die russische Invasion. Nein, im Krieg werden keine Helden geboren, sondern nur Schlechter, Ruinen und die ruhmlosen Gräber von Menschen, deren Opfer und Tod sinnlos bleibt. Der Traum von einem Siegfrieden gegen Russland ist trotz der beständigen Wiederholung ausgeträumt: Weder die Panzer, noch die Jets oder die Raketen mit großer Reichweite konnten die Ukraine in die Lage versetzen, diesen Krieg militärisch zu gewinnen und den Frieden zu bringen, nach dem wir uns hier alle sehnen. Die Verbissenheit, mit der die kriegerische Alternativlosigkeit in die Köpfe der Menschen gehämmert wird, kostet nur das Leben immer weiterer Menschen - auf beiden Seiten. Waffen schaffen keinen Frieden: Diese Losung war nie wahrer. Anstatt aber endlich Diplomatie und Bündnispolitik ernsthaft zu betreiben, greift die deutsche und europäische Politik zu neuen Drohgebährden und sinnloser militärischer Eskalation. So lange der Krieg weit weg ist, und die Ukrainer:innen und Russ:innen ihr Blut und ihre Leiber auf dem Schlachtfeld lassen, kann sich die Politik diesen leichtfertigen Umgang mit Menschen offenbar leisten.

Die andere sogenannte Verteidigung ist jene Israels, das um seine Existenz kämpfe. Nein, es hat nach dem Oktober letzten Jahres nicht um seine Existenz gerungen, sondern um seine moralische Integrität, und diesen Kampf hat Israel verloren. Auch wenn schon fast jede Grausamkeit begangen wurde und darüber schon alles gesagt ist, halten Politik und Medien zumindest in Deutschland daran fest, in der Barbarei einen Grund zu finden, einen Sinn, der die Bomben, Morde und Vertreibungen rechtfertigen soll. Während die Existenz Palästinas ausgelöscht wird, seine Menschen, seine Geschichte und Stätten, wiederholen wir beständig das Mantra einer Staatsräson, die aus dem Nie wieder lernen wollte, es aber nicht hat. Wenn Israels Krieg gerecht ist, dann hat die Verteidigung keine Grenzen mehr.

Nicht nur schickt Deutschland weiter Waffen und Rüstung an diese beiden Länder, nein, in der Bundesrepublik ist die Politik bereit, Millionen und Milliarden in die Aufrüstung zu stecken. Einzig für diesen Zweck wird die Schuldenbremse ausgesetzt. Ein Blankoscheck, über den sich die deutsche Rüstungsindustrie freut und die Spekulation an den Börsen befeuert. Und schon stehen weitere Kriegsgewinnler bereit, auf den Zug aufzuspringen: Wenn sich die Verbrenner nicht mehr verkaufen, so denkt sich VW, dann bauen wir doch einfach Panzer. Auch wenn Geld sprichwörtlich nicht stinkt, so bleibt doch das Blut an ihm kleben. Die Profite der Rüstungsindustrie kosten Leben. Ein Gruß an all die Rüstungskonzerne hier am Bodensee.

Die schleichende Umstellung auf die Kriegsproduktion scheint der einzige Investitionsimpuls, den die neuen Regierung zu setzen gedenkt. Selbst das Geld für die Infrastruktur soll letztlich dazu dienen, das wieder Panzer über Straßen und Brücken rollen können. Die Verelendung der Massen wird weitergehen, und die Wut, die Armut und Verunsicherung weiter wachsen. So werden am Ende die Kräfte stärker, die die Geschichte wiederholen wollen und die in den Verbrechen der Vergangenheit nur einen Vogelschiss erkennen können. Kriegsbegeisterung, Aufrüstung, autoritäre Strukturen: Die Faschisten können sich in bereitetes Bett legen.

Wenn Löhne stagnieren, Lebensmittel unerschwinglich werden und Mieten explodieren, suchen Menschen dafür einen Grund, und Verantwortliche. Der Chor des nationalen Chauvinismus hat in den Migrant:innen und den sogenannten Schmarotzern im Bürgergeld schon ihren altherbrachten Sündenbock gefunden. Härte gegen jene, die sich nicht wehren können, Geschenke an die Reichsten und die Rüstungsindustrie. Selbst die neuesten Wahlumfragen machen die deutlich, wie sehr die Wiederholung der Geschichte droht.

Und dort, wo die Politik der bürgerlichen Mitte schweigt, da versagen die Medien. Ihrer Funktion als Kontrolleur der Politik kann sie doch nur noch in Fieberträumen glauben. Bis auf wenige Ausnahmen ist die vierte Gewalt ein Propagandaorgan der militaristischen Zeitenwende. Fragen der Zweckmäßigkteit, der Angemessenheit oder möglichen Alternativen? Fehlanzeige. Wie in der Logik des Kalten Kriegs sind die Topoi Abschreckung und Bedrohung nicht mit Inhalt gefüllt, sondern ideologische, immer schon verteilte Zuweisungen. Die Meldung, China baue seine Marine immer mehr aus, wurde eben nicht als Maßnahme robuster Abschreckung gedeutet. Nein, diese Aufrüstung bedroht uns. Andersherum darf natürlich niemand die massiven Militärausgaben der europäischen Einzelstaaten, aber auch der EU als Aggression wahrnehmen, wir wollen uns doch nur wehrhaft zeigen. Der aufkommende Kalte Krieg zeigt sich auch an dieser Heuchelei einer ungleichen Bewertung desselben. Die simple Erkenntnis aus dem letzten Wettrüsten war, dass die defensive Aufrüstung der einen Seite notwendigerweise von der anderen als agressive Bedrohung wahrgenommen wird. Um aus der Spirale der Eskalation herauszukommen, müssen wir verstehen, dass wir ein Teil dessen sind. Aber mit jedem Tag sind wir weiter davon entfernt.

Den Mut, von dem am Anfang die Rede war, hat selbst unsere Partei nicht ganz. Warum die Landesregierungen in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern diesem Irrsinn zugestimmt haben, verstehen wir nicht und es wird auch aus ihrer dürftigen Presseerklärung nicht klarer. Die naive Hoffnung, dass sich durch eine Notiz zur Zustimmung die nun kommende Regierung bewegen ließe, die Schuldenbremse abzuschaffen, hat sich bereits jetzt als fatale Fehleinschätzung erwiesen. Entgegen jedem Parteiprogramm, dem klaren Willen der Gesamtpartei und selbst der lokalen Basis haben beide Regierungen eine offensichtlich falsche Abwägung und offensichtlich falsche Entscheidung getroffen. Wir stehen hier, auch weil wir wissen, dass sich die beiden Landesregierungen irren. Und wir stehen hier mit euch gemeinsam, um auch ihnen entgegenzurufen: Nein zur Aufrüstung. Nein zur Militarisierung! Nein zur Abschreckung!

Zum Ende Tucholsky: Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: NEIN.