PM: Die (nicht ganz so) feinen Unterschiede
Das Landratsamt Konstanz hat dieser Tage den Basisgesundheitsbericht 2023 für den Landkreis vorgelegt. Einige der dort veröffentlichten Zahlen mögen überraschen, andere leider nicht. „Der Bericht zeigt einmal mehr, dass Armut ein Gesundheitsrisiko ist“, sagt Sibylle Röth, Fraktionssprecherin der Linken im Konstanzer Kreistag und Mitglied des Sozialausschusses. „Das betrifft schon die Kleinsten und ist schlicht und einfach nicht hinnehmbar.“
Der Bericht zeigt eine klare Korrelation zwischen Sozialgruppenzugehörigkeit und Gesundheit. Beispielsweise leiden Kinder mit niedrigem Sozialstatus deutlich öfter an Übergewicht oder Adipositas, sie haben häufiger sprachliche und motorische Einschränkungen und nehmen ab U4 seltener an Frühuntersuchungen teil als Gleichaltrige aus anderen Schichten. „Erschreckend ist, dass sich diese – offenkundig sozial bedingten – Einschränkungen bei Kindern in Konstanz sogar häufiger finden als sonst in Baden-Württemberg“, so Linke-Mitglied Florian Vogel, der den Bericht genauer unter die Lupe genommen hat. Der Physik-Doktorand bringt es auf den Punkt: „Die feinen Unterschiede sind so fein eben doch nicht: Wir sehen hier eine Klassengesellschaft, in der sich nicht nur wirtschaftliche, sondern vielfältige Nachteile von Generation zu Generation vererben.“
Über die weitergehenden Auswirkungen der sozialen Ungleichheit auf die Gesundheit im Erwachsenenalter macht der Bericht keine Angaben. Sieht man sich jedoch an, dass das vorgeblich so reiche Konstanz offenkundig doch nicht so reich ist – der durchschnittliche Monatsbruttoverdienst liegt etwa 400 Euro unter dem Landesdurchschnitt, die Zahl der Beschäftigten ohne Berufsabschluss leicht darüber – steht jedoch einiges zu befürchten. „Wir müssen von einem Anteil verdeckter Armut bei uns im Landkreis ausgehen, die die Politik schlicht nicht im Blick hat – inklusive der damit einhergehenden Gesundheitsrisiken. Dass die Konstanzer Bevölkerung offenkundig seltener ins Krankenhaus geht als der Landesdurchschnitt, stimmt mich in dieser Perspektive skeptisch. Eventuell wird hier zu wenig Vorsorge betrieben und erst zu spät Hilfe in Anspruch genommen“, so Röth. Dafür würde sprechen, dass bei einigen Krebserkrankungen eine überdurchschnittliche Zahl von Neuerkrankungen mit einer unterdurchschnittlichen Zahl von Krankenhausfällen einhergeht und der Bericht zumindest bei Lungenkrebs explizit eine überdurchschnittlichen Zahl von „vermeidbaren Sterbefällen“ ausweist.
Für Die Linke Konstanz steht fest, dass dem Bericht auch Taten folgen müssen. „Gerade bei der Förderung von Familien mit geringem Einkommen sehen wir den Landkreis sowie die Kommunen in der Pflicht nachzusteuern, um vor allem die Startvoraussetzungen junger Menschen zu verbessern sowie allen ein würdevolles Leben im Alter zu ermöglichen“, ist Vogel überzeugt.