Ihr habt die Wahl: Unser Programm zur Kreistagswahl

Herzlich willkommen!

Wir laden Sie ein, uns ein wenig näher kennenzulernen. Darum stellen wir Ihnen hier unsere bisherige Arbeit und unsere Ziele für die nächsten Jahre vor.

Für viele Menschen scheint der Kreistag, weit weg zu sein. Aber das stimmt nicht. Der Kreis hat wichtige Aufgaben, die auch Sie direkt betreffen: Er betreibt etwa die Krankenhäuser und ist für die Erstunterbringung von Geflüchteten zuständig, er organisiert den Regionalverkehr und zahlreiche Angebote der Sozialberatung. Bei der Kreistagswahl geht es also auch um Ihre Zukunft!

Wir Linke haben uns im Kreistag immer für eine soziale Politik eingesetzt. Wir haben die Interessen der Menschen, die sonst an den Rand gedrängt und übersehen werden, nachdrücklich vertreten. Ob bei Fragen der Unterbringung von Geflüchteten, bei der Schließung von Krankenhäusern oder mit unserem Antrag zur Einführung eines Sozialtickets: Wir haben soziale Schieflagen und blinde Flecken kritisiert und auf die schwerwiegenden Folgen für Menschen mit kleinem Geldbeutel hingewiesen. Viele einfache Lösungen lassen genau diese Perspektive vermissen: Wir als Linke im Kreistag haben diesen Menschen ihre Stimme in den Debatten gegeben.

Bei der letzten Kreistagswahl konnten wir unser Ergebnis deutlich verbessern und eine Fraktion mit drei Kreisrät:innen bilden. Durch diesen Status war es uns möglich, mehr Einfluss nehmen und über die Arbeit in den Ausschüssen linke Perspektiven in den Gremien stark machen. Diese Arbeit wollen wir im neuen Kreistag fortsetzen.

Wir haben noch viel vor, und jede Stimme – auch Ihre – stärkt uns im Kampf gegen Kürzungen bei der öffentlichen Daseinsvorsorge und gegen Fehlplanungen bei wichtigen Infrastrukturprojekten. Zum Beispiel brauchen wir für die Verkehrswende schlicht und einfach einen funktionierenden und bezahlbaren öffentlichen Regionalverkehr statt einseitig auf neue Technologien zu setzen, die lange auf sich warten lassen und die am Ende wohl niemand bezahlen kann.

Laut müssen wir auch sein, um uns dem politischen und gesellschaftlichen Rechtsruck entgegen zu stellen auf den viel zu viele Politiker:innen der bürgerlichen Mitte reagieren, indem sie Forderungen der AfD vorwegnehmen. Dem stellen wir uns entschieden entgegen und sagen: Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz verhindert man nicht, indem man sie übernimmt. Wir haben mehr Vertrauen in die Weltoffenheit und Mitmenschlichkeit der Bevölkerung als diejenigen, die zur Begründung restriktiver Maßnahmen immer wieder behaupten für eine schweigende Mehrheit sprechen zu müssen. Wir stehen für die Vielzahl an Menschen, die gerade in den letzten Wochen mit ihren Demonstrationen gegen rechts laut, deutlich und bunt gezeigt haben, dass Konstanz ein offener und vielfältiger Landkreis ist und bleiben will.

Zugleich fordern wir, dass die Menschen über Wahlen hinaus in politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden: Nur dann, wenn sie die Erfahrung machen, Teil des politischen Prozesses zu sein, schätzen sie langfristig die Demokratie und verstehen die komplexem Abwägungen, die für politische Entscheidungen notwendig sind.

Gemeinsam können wir den Landkreis gestalten: Auf den folgenden Seiten haben wir unser Programm und unsere Vorschläge für Sie zusammengestellt.

 

1. Soziales: Armut bekämpfen – Prävention stärken

Solidarität statt Abwertung

Armut, Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot sind in unserem Wirtschaftssystem fest verankert. Es kann nicht sein, dass unsere gesellschaftlichen Lösungen zur Folge haben, dass hiervon betroffene Menschen aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt, mit Vorurteilen belegt und bürokratischen Schikanen ausgesetzt werden. Doch es zeigt sich: Das Bürgergeld ist nur Hartz IV im neuen Gewand!

Die Linke Konstanz will eine Sozialpolitik, die von Armut, Arbeitslosigkeit und Krankheit betroffene Menschen unterstützt, damit sie schnell wieder voll am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Wir wehren uns gegen jede Herabsetzung von Bürgergeldbeziehenden. Ein beträchtlicher Teil von ihnen sind Aufstocker:innen: Sie arbeiten, doch ihr Einkommen reicht nicht zum Leben. Viele andere sind schlicht nicht in der Lage zu arbeiten: Sie befinden sich in der Aus- oder Weiterbildung, haben Betreuungspflichten oder sind krank. Wir lehnen es entschieden ab, unten gegen ganz unten auszuspielen. Jede:r weiß, dass die Vermögensungleichheit immer größer wird und auch Normalverdienende durch Inflation, steigende Mieten und Energiekosten in prekäre Verhältnisse geraten. Unsere Antwort ist Solidarität!

Auf Prävention setzen

Um zu verhindern, dass Menschen in die missliche Lage kommen, Sozialleistungen beantragen zu müssen, braucht es eine soziale Präventionspolitik, die Menschen rechtzeitig auffängt, bevor sie in den Teufelskreis der Armut gelangen.

Die Sozialstrategie des Landkreises ist ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung. Doch schon im Entstehungsprozess wurde die Grundidee zunehmend verwässert: Statt eines umfassenden Gesamtkonzepts sozialer Absicherung, das von den Bedürfnissen der Einwohner:innen her gedacht ist, geht es jetzt vor allem um die Optimierung von Verwaltungsabläufen. Die schön klingenden „strategischen Leitziele“ drohen so bloße Worte in einem Papier zu bleiben.

So wurde unser Antrag auf die Einführung eines kreisweiten Sozialtickets für ärmere Menschen trotz aller Lippenbekenntnisse zu sozialer Teilhabe abgelehnt. Dabei hätte man mit einem kleinen Zuschuss zum Deutschlandticket etwa 15.000 Menschen im Kreis den Zugang zu umfassender Mobilität gewähren können. Wir setzen uns weiter dafür ein, dass Teilhabe und barrierefreier Zugang zu Bildung und Kultur keine leeren Worte bleiben. In diesem Sinne werden wir die Umsetzung der Sozialstrategie kritisch begleiten und immer wieder um weitere Forderungen zu ergänzen.

Umfassende, weltanschaulich neutrale Hilfen

Zum Bohren dicker Bretter in dieser Hinsicht gehört auch unsere anhaltende Kritik an der Praxis, soziale Aufgaben von freien Trägern ausführen zu lassen. Deren Leistungen werden immer nur zeitlich gefördert, so dass eine permanente Unsicherheit bestehen bleibt, die dem Anspruch langfristiger Zuverlässigkeit entgegensteht. Auch hier spielen zeitlich begrenzte Förderlinien von Land und Bund ihre unglückliche Rolle. Daraus entstehen mitunter prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die durch das Sonderarbeitsrecht kirchlicher Träger weiter verschärft werden.

Nicht zuletzt kritisieren wir in diesem Zusammenhang das Fehlen weltanschaulicher Neutralität. Wir sind uns zwar sicher, dass alle Beschäftigten immer ihr Bestes tun und für alle ein offenes Ohr haben. Aber aus Sicht der Hilfesuchenden ist es je nach ihrem persönlichen Kontext und dem Thema ihres Beratungsbedarfs nicht immer einfach, Hilfe von einer Seite annehmen zu müssen, deren ideologischen Hintergrund sie eigentlich ablehnen. Gerade bei sensiblen Themen braucht es deshalb mehr neutrale Angebote und offene Räume für selbstorganisierte Betroffeneninitiativen.

Wir bleiben dabei: Öffentliche Aufgaben gehören in die Hand von Gemeinden, Kreisen, Bund und Ländern!

Die Linke Konstanz fordert

  • einen kreisweiten Sozialpass für Personen und Familien mit niedrigem Einkommen. Der Sozialpass soll u.a. das Sozialticket als Zuschuss zum Deutschlandticket enthalten. Außerdem soll darin  stark verbilligter Eintritt zu Bildungs- und Kultureinrichtungen enthalten sein
  • mehr und weltanschaulich neutrale Angebote für Sozialberatung und -betreuung
  • eine Erhöhung von Zuschüssen für die Wohnkosten von Bürgergeld-Empfangenden und Menschen mit weniger als 2.248 Euro brutto im Monat
  • die stärkere Förderung gesellschaftlicher Initiativen und Selbsthilfegruppen
  • die stärkere Förderung des Kreisjugendrings als Dachverband, damit dieser die Jugendverbände des Landkreises bei Angeboten für Jugendliche besser unterstützen kann. Durch diese Förderung soll auch das Ehrenamt gestärkt werden

 

2. Gesundheit für alle

Klinikverbund: Kein Sparen auf Kosten von Patient:innen und Beschäftigten

Als größter Träger des Klinikverbunds ist der Kreis maßgeblich für die stationäre Gesundheitsversorgung zuständig. Durch die unzureichende Finanzierung über das System der Fallpauschalen, aufgrund des anhaltenden Pflegekräftemangels und weil das Land seine Verantwortung für die Krankenhaus-Investitionskosten sträflich vernachlässigt, ist es den Kliniken jedoch kaum möglich, wirtschaftlich zu arbeiten. Im Ergebnis zeigt sich Jahr für Jahr ein riesiger Fehlbetrag im Kreishaushalt. Dennoch bleiben wir konsequent bei der Haltung, dass Gesundheit keine Ware ist! Die derzeitigen Sparmaßnahmen – insbesondere beim Personal –, Zentralisierung und Outsourcing sehen wir deshalb sehr kritisch. Oberste Priorität muss die Gesundheit der Bevölkerung sowie die Sicherstellung guter Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten haben. Nur unter diesen Bedingungen können wir die geplanten Umstrukturierungen und die Zweistandort-Lösung mit dem Klinikum Konstanz und dem zentralen Klinikneubau in Singen mittragen.

Zugleich müssen wir darauf achten, die die Annahmen auf denen die Zweistandortlösung beruht auch wirklich eintreten. Der mit der Zentralisierung einhergehende Bettenabbau erscheint deshalb vertretbar, weil von einer zunehmenden Erbringung ambulanter Gesundheitsleistungen ausgegangen wird. Ob das aber tatsächlich eintritt, muss im Auge behalten werden. Um eine Unterversorgung im ländlichen Raum zu verhindern, muss der Kreis notfalls selbst aktiv werden, indem er sich um die Einrichtung und den Betrieb weiterer medizinischer Versorgungszentren kümmern.

Spätestens die Corona-Pandemie und die anschließende Welle an Atemwegserkrankungen bei Kindern haben uns gelehrt, dass Sparkonzepte von Unternehmensberatungen kein guter Ratschlag für das Gesundheitswesen sind. Eine Reduzierung der Bettenzahlen bis an die äußerste Grenze des Vertretbaren lehnen wir entschieden ab. Es muss Reservekapazitäten für Notzeiten geben – und sei es durch flexible Raumkonzepte. Auch der derzeitige Mangel an Pflegekräften darf nicht als Argument dafür herhalten, dass eine ausreichende Zahl an Betten mangels Personals ohnehin nicht zu betreiben wären. Denn mit diesem Mangel dürfen wir uns nicht abfinden, sondern müssen ihm durch bessere Arbeitsbedingungen gegensteuern. Dazu zu gehört auch, die Situation des Neubaus nutzt, um die Rahmenbedingungen der Beschäftigten maßgeblich zu verbessern. Beispielsweise muss im Campus-Format auch die Möglichkeit der Kinderbetreuung, Wohnheime für Auszubildende und günstiger Wohnraum für Beschäftigte mitgeplant werden.

Nicht zuletzt muss die Ausstattung der Notfallrettungsdienste überprüft und verbessert werden, um die vorgesehenen Fristen auch tatsächlich einzuhalten. Ein Krankenhaus, das nur theoretisch in 30 Minuten erreichbar ist, reicht nicht. Hier braucht es mehr Geld und Personal.

Die Linke Konstanz fordert

  • dass das Land seinen finanziellen Verpflichtungen beim geplanten Zentralklinikum nachkommt – notfalls muss der Kreis eine entsprechende Klage anstrengen
  • dass die Zweitstandort-Lösung nicht zu Versorgungslücken im ländlichen Raum führt
  • dass die Einkommens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten verbessert werden, dabei ist die Möglichkeit eines Ortszuschlags zu prüfen
  • das Campusformat des neuen Zentralklinikums zu nutzen, um die Rahmenbedingungen der Beschäftigten maßgeblich zu verbessern
  • mehr Ausstattung und Personal für die Rettungsdienste
  • dass teure und ineffiziente Doppelstrukturen in der Leitung des Gesundheitsverbundes abgebaut werden

Gute Pflege für alle

Der demographische Wandel macht die Probleme bei der Pflege nur noch offensichtlicher: Es mangelt allerorten an Einrichtungen und Personal. Angesichts harter Arbeitsbedingungen und geringer Löhne wird der Pflegeberuf immer unattraktiver. Viele Fachkräfte verlassen schon nach kurzer Zeit den Beruf wieder, andere können sich die Arbeit in Konstanz aufgrund der hohen Mieten gar nicht erst leisten.

Ältere Menschen haben das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Doch wenn ihre Pflege und Unterbringung vor allem nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgt, wird dieses Recht oft verletzt. Unsere Vision ist eine gesellschaftliche Organisation (Caring Community), die Privatisierungen im Bereich der Pflege rückgängig macht und die öffentliche Hand stärkt. Der Ausbau von ärztlichen Zentren und von Pflege-Genossenschaften soll eine bürger:innennahe Versorgung sicherstellen.

Wir wollen die Bedürfnisse der Gepflegten und der Pflegekräfte in den Vordergrund stellen. Wir wenden uns ebenso gegen ein System, bei dem aus der Unterstützungsdürftigkeit von Menschen hohe Profite erzielen werden, wie gegen die Verdrängung ins Private, die oft auf der Ausbeutung von Menschen in prekären Situationen oder unbezahlter (meist von Frauen erbrachter) Pflegearbeit beruht.

Die Linke Konstanz fordert

  • einen Ausbau der pflegerischen Betreuungsplätze im Landkreis
  • höhere Bezahlung, z.B. durch einen Ortszuschlag
  • bessere Betreuungsschlüssel
  • Privatisierungen rückgängig zu machen
  • die Unterstützung von Pflege-Genossenschaften, um Arbeitsbedingungen zu verbessern und Pflege gemeinschaftlich zu gestalten
  • den Ausbau ärztlicher Zentren

Psychische Gesundheit in den Fokus rücken

Die psychische Gesundheit hat mehr Aufmerksamkeit verdient: Stress und Burnout wegen steigender Anforderungen im Alltag und in der Arbeitswelt, Angst und Depressionen als Folge existenzieller Unsicherheit und die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben tiefe Spuren in der Bevölkerung hinterlassen. Das hat gravierende Folgen sowohl für die Betroffenen und ihr direktes Umfeld als auch für die Gesellschaft insgesamt.

Doch trotz Verbesserungen bei der Versorgung werden Menschen in psychologischer Behandlung weiterhin stigmatisiert. Viele haben eine hohe Hemmschwelle, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Aufklärungskampagnen, Präventionsveranstaltungen und verbesserte digitale Angebote können hier entscheidend zu einem angst- und barrierefreien Zugang beitragen. Zugleich schaffen umfassende Informationen über bestehende Versorgungsangebote mehr öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema.

Betroffene müssen sich frei entscheiden und bestmöglich am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Deshalb setzen wir uns für den Leitgedanken ambulant vor stationär” und damit den Ausbau des ambulanten psychiatrischen Pflege- und Notdienstes ein. Um die Versorgungslücke beim Umgang mit Angehörigen zu verkleinern, treten wir für einen Ausbau der Soziotherapie ein. Auch muss es eine bessere Betreuung und Unterstützung beim Wiedereinstieg in die Gesellschaft geben. Es kann nicht sein, dass Menschen perspektivlos in Arbeitswerkstätten abgeschoben werden. Stattdessen muss ihre Eingliederung in die Gesellschaft aktiv betrieben werden.

Insbesondere Geflüchtete haben oftmals traumatische Erfahrungen gemacht. Für Opfer physischer oder psychischer Gewalt gibt es in ganz Baden-Württemberg aber gerade mal sieben spezialisierte Trauma-Ambulanzen, die eine schnelle Versorgung gewährleisten sollen. Wer hier keinen Platz erhält, wird an die notorisch überlasteten niedergelassenen Psychotherapeut:innen verwiesen.

Die Linke Konstanz fordert

  • die Informations-, Beratungs- und Beschwerdestelle (IBB) für Menschen mit psychischen Problemen” als das zentrale Erstberatungsangebot muss besser bekannt gemacht und leichter im Internet auffindbar werden
  • regelmäßige Infoveranstaltungen an Schulen und in anderen öffentlichen Einrichtungen
  • niederschwellige Angebote ambulanter psychiatrischer und psychotherapeutischer Betreuung
  • Mindestlohn in Arbeitswerkstätten und individuelle Eingliederungsprogramme
  • die Einrichtung weiterer Trauma-Ambulanzen beim Land einzufordern
  • die Betreuung von Geflüchteten durch sprach- und kulturgeschulte Gesundheitspat:innen zu verbessern
  • die kulturelle Sensibilität der Betreuenden durch verpflichtende Fortbildungen zu stärken

 

3. Umwelt und Klimaschutz

Umwelt vor Profit

Der Kampf gegen die Auswirkungen des menschgemachten Klimawandels muss auch lokal und regional mit aller Konsequenz geführt werden. Hier hat sich im Landkreis in den letzten Jahren bereits einiges getan: Das integrierte Klimaschutzkonzept und die Biodiversitätsstrategie sind nicht nur Papiertiger. So ist etwa der Photovoltaik-Ausbau auf kreiseigenen Gebäuden nahezu abgeschlossen. Die Regionalbus-Flotte wird umweltfreundlich erneuert. Zudem unterstützt die Energieagentur kleinere Gemeinden bei der Wärmewende.

Trotzdem können die Klimaziele nicht erreicht werden. Die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude hinkt hinterher: Große Dachflächen bei Beteiligungsunternehmen wie den Kliniken sind noch ohne Photovoltaik. Der Windkraftausbau läuft schleppend. Das ÖPNV-Angebot im ländlichen Raum lässt noch sehr zu wünschen übrig, auch beim Thema Erdwärme passiert zu wenig. Stattdessen wird versucht, eine überdimensionierte Wasserstoff-Strategie zu verfolgen – durch Lobbyismus statt durch Wissenschaft getrieben.

Der Landkreis muss seinen Einfluss auch nutzen, um auf dem Bodensee zugunsten der Lebensqualität aller Menschen einzugreifen. Private Motorboote bedrohen hier die Wasserqualität und stoßen Treibhausgase aus. Um dies endlich zu unterbinden, müssen mit den anderen Bodenseeanrainern Verhandlungen mit Entschiedenheit und Durchhaltevermögen geführt werden.

Die Linke Konstanz ist für eine nachhaltige und soziale Klima- und Umweltpolitik, die sich an den Erkenntnissen der Forschung orientiert. Die einzigartige Natur- und Kulturlandschaft um den Bodensee muss vor vermeidbaren zerstörerischen Eingriffen geschützt werden.

Die Linke Konstanz fordert

  • die Energiewende vor Ort sozial gerecht und unter Beteiligung aller Bürger:innen umzusetzen: Neben der Photovoltaik sind Sanierungen und der Aufbau von Wärmenetzen von zentraler Bedeutung. Hier soll der Landkreis insbesondere die kleineren Gemeinden unterstützen.
  • Wasserstoff nur dort zu nutzen, wo eine effizientere regenerative Energieversorgung nicht möglich ist. Lokale Wärmenetze müssen daher vorrangig mit See- oder Flusswärme betrieben und der Einfluss der Gaslobby minimiert werden
  • eine dezentrale Energieversorgung in Hand der Bürgerschaft, Sonnenparks und andere Arten alternativer Energiegewinnung sowie regenerativ betriebene Wärmenetze in Genossenschaftseigentum
  • die Risikokartierung für Erdwärme zu erneuern
  • dass öffentliche Gebäude energieeffizient saniert, Neubauten energieeffizient und betonarm geplant und Büros umweltfreundlich ausgestattet werden, auch bei sämtlichen Beteiligungen des Landkreises
  • weitere Flächenversiegelung zu verhindern – ÖPNV statt Straßenbau
  • einen Verbrennungsmotor-freien Bodensee

 

4. Verkehrswende: Klimagerecht & sozial

Für eine Mobilität, die alle mitnimmt!

Auch wenn das Vorgehen des Bundesverkehrsministers daran zweifeln lässt: Der Verkehrssektor kann und muss einen elementaren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das Deutschlandticket hat für zahlreiche Menschen einen enormen Zugewinn an erschwinglicher Mobilität ermöglicht – aber nur solange es sich die Bundespolitik nicht anders überlegt und solange die Kommunen mitspielen

Doch selbst das günstigste Ticket nützt nichts, solange es kein passendes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln gibt. Außerdem fehlen Vergünstigungen für Familien und die 49 Euro liegen über dem Mobilitätsbudget von Bürgergeldbeziehenden. Kurz: der öffentliche Nahverkehr muss weiter ausgebaut, das Deutschlandticket zur Dauereinrichtung und für Geringverdienende vergünstigt werden, wenn die Verkehrswende gelingen soll.

Das alles – auch das von uns geforderte Sozialticket – wäre finanzierbar: Der Landkreis ist dazu befugt, eine Nahverkehrsabgabe zu erheben. Die Linke Konstanz spricht sich dabei für ein Modell aus, welches Kfz-Halter:innen und Unternehmen ab 10 Beschäftigten dazu verpflichtet. Diese Abgabe soll der Finanzierung des Ausbaus der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur zugutekommen.

Doch trotz eines spürbaren Ausbaus des ÖPNV-Angebots auch in Randlagen und Randzeiten werden viele Menschen auch weiterhin auf den Individualverkehr angewiesen sein. Unser Ziel ist, diesen so ressourcensparend wie möglich zu gestalten.

Bus und Bahn ausbauen: Barrierefrei & zuverlässig

Im derzeitigen Kreistag herrscht Konsens, dass die aktuelle Planung für die Gäubahn – also die Kappung der direkten Anbindung an den Stuttgarter Hauptbahnhof – nicht hinnehmbar ist. Eine bessere Anbindung an den Fernverkehr der Bahn über die Rheinschiene kann nur eine ohnehin notwendige Ergänzung, aber kein Ersatz sein.

Doch ist das bei Weitem nicht die einzige Baustelle: Das Schienennetz zwischen dem Konstanzer Hauptbahnhof und Petershausen sowie der Bodenseegürtelbahn genügt bestenfalls den Ansprüchen des frühen 20. Jahrhunderts. Für einen Ausbau des Nahverkehrs und mehr Zuverlässigkeit müssen die Zugstrecken endlich zweigleisig ausgebaut werden. Nachdem sich der Kreis an den Planungskosten beteiligt hat, sind nun Bund und Land in der Pflicht!

Hierzu muss bspw. die alte Rheinbrücke nicht einmal verbreitert werden, denn die Brücke ist bereits auf zwei Gleise ausgelegt. Zudem ist der PKW-Verkehr mit den bisher vorhandenen fünf Fahrspuren ohnehin überrepräsentiert.

Für Menschen, die an der Seehas-Strecke wohnen, endet der abendliche Ausflug nach Konstanz oftmals unfreiwillig mit dem letzten Zug. Aber natürlich betrifft das nicht nur unser Freizeitverhalten: Menschen in Schichtarbeit müssen jederzeit zum/vom Arbeitsort kommen können. Abseits der Hauptstrecke sieht es noch schlechter aus: Während der Seehas zumindest in den Hauptzeiten oft und einigermaßen zuverlässig fährt, lässt das Seehäsle viele Lücken.

Noch schlimmer wird es für diejenigen, die abseits der Schienenwege wohnen – doch die Lebensrealität von Menschen macht eben nicht an den Grenzen einer kurzsichtigen Nahverkehrsplanung Halt. Gerade im ländlichen Raum braucht es einen intensiven Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel. Nur so werden wir die Menschen davon überzeugen können, dass weniger Auto tatsächlich nicht weniger Freiheit und Komfort bedeutet.

Komfort heißt auch: Damit Bus und Bahn genutzt werden, darf man Fahrgäste nicht im Regen stehen lassen. Bisher müssen viele Menschen, die auf den ÖPNV angewiesen sind, an unzureichend oder gar nicht überdachten Haltestellen ausharren. Mitunter fehlt es auch an ausreichenden Sitzmöglichkeiten, die für Ältere und körperlich Eingeschränkte unerlässlich sind. Zudem ist ein barrierefreier Einstieg längst nicht an allen Haltestellen im Landkreis gesichert.

Den Flickenteppich überwinden: Einheitlicher, kreiseigener Busverkehr

Die letzte Legislatur des Kreistags begann mit einem Busfiasko – damals ahnten wir noch nicht, dass das nur der Auftakt für einen Dauer-Krisenmodus war. Eine Busgesellschaft, die in der öffentlichen Ausschreibung des Regionalbusverkehrs den Zuschlag für einige Streckenanteile bekommen hatte, zeigte sich der Herausforderung nicht gewachsen. Für Wochen fuhren Busse nicht, verspätet oder nicht dahin, wohin sie sollten; Einnahmen fehlten, weil es an der nötigen Technik zum Verkauf von Fahrkarten fehlte; das Personal war nicht hinreichend für seine Aufgaben geschult worden und stand selbst unter enormem Druck. Nach einiger Zeit legte sich das Chaos – auch weil die nun einsetzende Corona-Pandemie die Nachfrage deutlich reduzierte.

Die Linke Konstanz fordert, daraus zu lernen. Europaweite öffentliche Ausschreibungen befördern genau diese Art von Glücksspiel: Der günstigste Anbieter bekommt den Zuschlag, und dann muss sich erst noch zeigen, wie seriös sein Angebot gewesen ist. Wir sagen: Zuverlässigkeit geht anders – für die Fahrgäste, für die Mitarbeitenden und auch für die Verwaltung.

In der Stunde der Not wurde damals über die Kommunalisierung des Regionalbusverkehrs beraten. Mit Abflauen des Problems ist diese Idee dann wieder in Vergessenheit geraten. Wir sagen: Sie ist zu gut, um für immer in der Schublade zu schlummern! Rechtzeitig vor der nächsten Ausschreibungsrunde muss die Alternative einer kreiseigenen Busgesellschaft noch einmal intensiv geprüft und wenn möglich umgesetzt werden.

Unabhängig davon setzen wir uns dafür ein, dass Gespräche über die Fusionierung der kommunalen Verkehrsbetriebe aufgenommen werden – sei es seitens einer neuen kreiseigenen Busgesellschaft oder des bestehenden VHB. Die bisherige Zerstückelung macht das Angebot kompliziert und unnötig teuer. Überdies erzeugt sie unnötige Kosten wie die mehrfache Zahlung von Vorstandsposten.

Derzeit werden mehrere Fahrplan- und Ticket-Apps je nach Strecke im Landkreis benötigt. Eine einheitliche Lösung schiebt diesem Kostenfaktor einen Riegel vor und sorgt dafür, dass Nutzer:innen nicht während einer kurzen Reise mehrfach zwischen verschiedenen Apps wechseln müssen.

Gute Arbeitsbedingungen für guten Nahverkehr: Wir fahren zusammen

Klima- und Umweltschutz erfordern einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr, doch ein guter Nahverkehr erfordert gute Arbeitsbedingungen. Deshalb unterstützen wir als Die Linke die Kampagne Wir fahren zusammen von ver.di und Fridays for Future nicht nur im Kreistag, sondern auf allen politischen Ebenen mit Nachdruck.

Bus- und Bahnfahrer:innen arbeiten zu jeder Tages- und Nachtzeit, um Fahrgäste zu befördern. Ihre Arbeitsbedingungen müssen wesentlich attraktiver werden, um vorhandenes Personal zu halten und den Ausbildungsberuf zu fördern. Denn ohne die Beschäftigten bleibt der Ausbau des Bus- und Bahnnetzes letztlich graue Theorie.

Die Linke Konstanz fordert

  • eine Nahverkehrsabgabe, die Nutzer:innen von Bus, Bahn und Rad entlastet
  • die Sicherstellung einer angemessenen Anbindung des Landkreises an den Fernverkehr der Bahn
  • einen durchgehend zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecken im Landkreis Konstanz
  • die Ausweitung des Angebots von Seehas und Seehäsle in den Randzeiten
  • die Ausweitung des Regionalbusverkehrs in sog. Randgebieten, um niemanden abzuhängen – auch Tengen, Eigeltingen & Co. gehören zum Landkreis
  • die Wiederaufnahme des Schienenverkehrs zwischen Singen und Etzwilen
  • den barrierefreien und wettergeschützten Ausbau von Haltestellen
  • eine einheitliche kreiseigene Busgesellschaft
  • eine kreisweite einheitliche Nahverkehrs-App
  • gute Arbeitsbedingungen für guten Nahverkehr: Unterstützung für  Wir fahren zusammen

Individualverkehr: Unmotorisiert wo möglich, motorisiert wo nötig

Nicht nur die selbsternannte Fahrradstadt Konstanz hat in diesem Bereich noch Nachholbedarf: Das Radwegenetz zwischen den Städten und Kommunen muss ausgebaut werden. Während PKW ungehindert bspw. zwischen Stahringen und Radolfzell verkehren können, schickt die dortige Wegeführung ortsunkundig Radfahrer:innen in ein Abzweigungs-Labyrinth. Dies ist nur ein Beispiel von vielen, an dem sowohl Verkehrsführung als auch Beschilderung verbessert werden müssen.

Überdies muss die Planung der Radwege Vorrang gegenüber der Planung von Kraftfahrstraßen haben, damit der Umstieg auf den Sattel erleichtert wird. Fahrradleihsysteme im Landkreis müssen kompatibel zueinander gestaltet werden. Es muss möglich sein, ein Rad in Konstanz zu mieten und in Stockach wieder zurückzugeben.

Auch wenn wir den fossilen Privatverkehr überwinden müssen, müssen wir doch realistisch bleiben: Nicht jeder Weg lässt sich für jede:n per Bus, Bahn oder mit dem Rad gut zurücklegen. Aber jedes Auto weniger ist ein Gewinn an Umweltschutz und Fläche, die nicht zubetoniert werden muss. Carsharing erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Der Landkreis muss Voraussetzungen für ein verbessertes Angebot mit der notwendigen Kompatibilität schaffen.

Die Linke Konstanz fordert

  • Radwege weiträumig auszubauen
  • vorhandene Radwege besser zu beschildern und zu führen
  • Leihfahrräder- und Carsharing-Systeme, die kreisweit kompatibel sind

5. Für eine offene und diverse Gesellschaft

Keine Chance dem Rassismus: Migrant:innen integrieren statt ausgrenzen

Im Landkreis Konstanz leben ca. 13 Prozent Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Etwa 17.500 von ihnen haben auch keinen europäischen Pass und somit kein Wahlrecht – und das, obwohl sie teils schon Jahre in Deutschland leben, hier arbeiten und Teil unserer Gemeinschaft sind. Auch Menschen mit Migrationshintergrund stoßen immer wieder auf Vorbehalte und Ressentiments. Zudem arbeiten sie oft im Niedriglohnsektor, unter anderem weil zahlreiche ausländische Bildungsabschlüsse und Ausbildungen in Deutschland nicht anerkannt werden. Und das, obwohl die deutsche Gesellschaft ihre Fachkenntnisse dringend benötigt würde.

Wir stellen uns dem Rechtsruck in der gegenwärtigen Debatte entgegen und setzen uns dafür ein, dass niemand mehr Ausgrenzung und Rassismus ausgesetzt ist. Alle Menschen, die sich hier aufhalten, sollen als Teil unserer Gesellschaft anerkannt werden. Niemand kann darüber bestimmen, was „deutsch“ oder „deutsch genug“ ist. Die Linke Konstanz tritt dafür ein, dass der Landkreis Vorreiter einer inklusiven Migrationspolitik wird.

Die Linke Konstanz fordert

  • die Bildung eines Migrant:innen-Rates nach dem Vorbild verschiedener deutscher Städte, wie Freiburg, Kiel oder Rostock, damit auch Menschen ohne Stimmrecht gehört werden und politisch vertreten sind
  • ein verbessertes Angebot an Sprachkursen und Bildungsförderung
  • dass Formulare im öffentlichen Dienst in mehreren Sprachen sowie in leichtem Deutsch verfügbar sein müssen
  • die Einrichtung lokaler Beratungsstellen zum Thema Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen
  • Antirassismustraining für Personal im öffentlichen Dienst
  • mehr Aufklärung über Rassismus und andere Diskriminierungsformen an Schulen

Der Landkreis als offener Hafen: Geflüchtete willkommen heißen

Besonders schwierig sind die Bedingungen für Menschen, die vor Krieg, Zerstörung und Elend geflohen und im Landkreis Konstanz gelandet sind. Die ersten zwei Jahre müssen sie unter schwierigen Bedingungen in Gemeinschaftsunterkünften ausharren. Teilweise handelt es sich dabei um provisorische Notunterkünfte, die keine ausreichende Ausstattung und Privatsphäre bieten.

Der Landkreis bemüht sich intensiv um die Anmietung und den Ankauf neuer Unterkünfte. Doch ist das nicht nur aufgrund des ohnehin angespannten Wohnungsmarkts kompliziert – teilweise versuchen potenzielle Anbieter die Situation ausnutzen, um hochgradig sanierungsbedürftige Gebäude gewinnbringend zu vermarkten. Bei Immobilien in gutem Zustand und guter Lage hingegen heißt es mitunter, ihre Umwandlung in eine Geflüchtetenunterkunft sei der einheimischen Bevölkerung nicht zu vermitteln.

Wir stellen uns sowohl gegen das dreckige Geschäft auf Kosten Schutzsuchender als auch gegen eine Politik, die in vorauseilendem Gehorsam die Argumente der Rechten vorausnimmt. Wir vertrauen der Offenheit der Bevölkerung und der Willkommenskultur. Zugleich fordern wir das Land auf, den Kreis und die Kommunen bei diesen Aufgaben nicht im Stich zu lassen.

Denn auch die finanzielle Unterstützung seitens des Landes spielt eine nicht immer ganz glückliche Rolle: Die sogenannte „Spitzabrechnung“, also die genaue statt pauschale Übernahme der Unterbringungskosten der Geflüchteten, erweist sich bei näherem Hinsehen als nicht ganz so spitz und erfolgt darüber hinaus in der Regel mit jahrelangem Verzug. Integration vor Ort kann aber nur gelingen, wenn die finanzielle Ausstattung passt. Es ist die strukturelle Unterfinanzierung der Kreise und Kommunen, die die Integration behindert und so Ressentiments entstehen lässt.

Mit der nun geplanten bundesweiten Bezahlkarte für Geflüchtet droht die bürgerliche Mitte ein weiteres Mal das Geschäft der AfD zu betreiben: In den Argumenten für ihre Einführung spiegelt sich mitunter ein nur notdürftig verschleierter Rassismus. Dabei gibt es keine verlässlichen Daten für Auslandsüberweisungen durch Asylleistungsbeziehende. Dennoch wird die Karte kommen und uns im Kreis bleibt nur, uns dafür einzusetzen, dass sie möglichst diskriminierungsfrei sein wird. Die nun eingeführte Übergangskarte, die an Geflüchtete ausgeteilt wird, die noch kein eigenes Konto besitzen, weist dabei in die richtige Richtung. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die künftige Karte nicht hinter die damit gesetzten Standards zurückfällt. Sie soll wie eine EC-Karte funktionieren und darf nicht zur Quelle von Schikanen werden. Beschränkungen, wie die Gültigkeit ausschließlich im eigenen Landkreis, das Verbot von Bargeldabhebungen oder Überweisungen, lehnen wir entschieden ab. Die Karte muss das Leben vereinfachen und darf nicht für Drangsalierungen missbraucht werden!

Derzeit leisten Ehrenamtliche einen Großteil der Integrationsarbeit. Dies ist bewundernswert und verdient besondere gesellschaftliche Anerkennung und mehr Unterstützung seitens der Verwaltung. Dennoch sehen wir den Landkreis in der Pflicht, sich auch selbst um eine verbesserte Betreuung und Unterstützung für Geflüchtete zu kümmern. Menschen müssen schneller Angebote zum Deutschlernen bekommen, die Arbeitserlaubnis muss vereinfacht werden und im Behördendschungel braucht es mehr Unterstützung.

Gerade für neu Ankommende bedeutet fehlende Kinderbetreuung oft Isolation – sowohl die Kinder als auch insbesondere Mütter werden dadurch in ihren Integrationsbestrebungen behindert. Solange der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz nicht gewährleistet werden kann, muss der Landkreis die Kinderbetreuung in den Unterkünften organisieren.

Die Linke Konstanz fordert

  • den weiteren Ankauf und die Anmietung dringend benötigter Geflüchtetenunterkünfte, die den Ansprüchen menschenwürdigen Wohnens gerecht werden. Seeblick kann dabei kein Gegenargument sein
  • eine schnellere Klärung der Wohnsituation durch mehr Personal und den massiven Ausbau des kommunalen Wohnungsangebots: Menschen sollen nicht über Monate in isolierten und improvisierten Sammelunterkünften leben müssen
  • mehr Stellen für Sozialarbeiter:innen, insbesondere für die psychologische Betreuung von Geflüchteten und die Bereitstellung von Übergangslösungen für diejenigen, die mit den psychologischen Auswirkungen der Flucht zu kämpfen haben
  • Die Entwicklung von niederschwelligen Integrationsprojekten und Freizeitangeboten auch für Personen ohne Aufenthaltsstatus
  • mehr Anerkennung und Unterstützung für die zahlreichen Ehrenamtlichen – ihre Stimme muss gehört und ihre Erfahrung genutzt werden
  • die Schaffung von Möglichkeiten, die Unterstützung von Geflüchteten als praktische Erfahrungen oder im Rahmen von Bildungseinrichtungen anerkennen zu lassen
  • mehr Möglichkeiten und Unterstützung für die Geflüchteten, sich zu organisieren und ihre Interessen selbst einzubringen
  • den entschiedenen Einsatz des Kreistages, dass die neu einzuführende bundesweite Bezahlkarte diskriminierungsfrei sein wird. Sie muss gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und darf nicht ausgrenzen

Konsequent gegen Rechts

In Zeiten des politischen Rechtsrucks muss auch der Landkreis Konstanz seine Strategien gegen Diskriminierungen aller Art neu aufstellen. Wir freuen uns, dass sich nach den großen Protesten gegen die AfD ein kreisweites Bündnis gebildet hat, welches den Kampf gegen Rechts konstruktiv angehen möchte. Auch Die Linke Konstanz ist im Bündnis vertreten und setzt sich dafür ein.

Dennoch muss uns bewusst sein, dass die aktuelle Politik maßgeblich mitverantwortlich ist für die prekäre Situation marginalisierter Gruppen: Soziale Unsicherheit, die marode Bildungslandschaft und die vielen Krisen schüren Ängste, Unwissenheit und Abwehrreaktionen. So finden menschenfeindliche Praktiken, Parolen und Denkmuster bis in die Mitte der Gesellschaft Anklang und werden im politischen Alltag zudem gerne von Vertreter:innen der die bürgerlichen und konservativen” Parteien verbreitet.

Dem stellen wir uns entschieden entgegen: Soziale Probleme erfordern soziale Lösungen. Das permanente Ausspielen der Armen gegen die Ärmsten muss beendet werden. Von einer guten Politik profitieren alle gemeinsam.

Die Linke Konstanz fordert

  • die übrigen Fraktionen auf, sich in ihrem politischen Handeln klar gegen die Programmatik der AfD und Rechtspopulismus abzugrenzen. Man verhindert deren Erfolg nicht, indem man ihre Positionen vorwegnimmt.
  • Stellen wie die Antidiskriminierungsberatung im Landkreis Konstanz (Adib) zu fördern und deren Angebot im gesamten Landkreis zu unterstützen
  • regelmäßige Antidiskriminierungstrainings, insbesondere für Mitarbeitende in der Verwaltung und in den Anlaufstellen für Menschen mit Migrationshintergrund und andere marginalisierte Gruppen
  • die Initiierung oder Unterstützung öffentlichkeitswirksamer Kampagnen oder Veranstaltungen zum Thema Antidiskriminierung unter Einbezug von Betroffenen

Gewalt gegen Frauen* bekämpfen

Jede Stunde werden mehr als 14 Frauen* bundesweit Opfer von Partnerschaftsgewalt.Kommunen stehen gesetzlich in der Pflicht, sich aktiv für die Gleichberechtigung und den Schutz von Frauen* vor Gewalt einsetzen. Doch beispielsweise im Wahlkreis Konstanz-Radolfzell hat sich die Zahl der Opfer partnerschaftlicher Gewalt seit 2017 mehr als verdoppelt, so dass die Frauenhäuser Konstanz und Radolfzell aus Platz- und Ressourcen-Mangel vergangenes Jahr über 320 Frauen* Absagen erteilen mussten. In Singen sind die Zahlen zwar geringer, doch bleibt das Gesamtbild. Dieser Mangel an Plätzen in Frauenhäusern im Landkreis ist nicht hinnehmbar.

Doch selbst, wenn man einen Platz erhält, bleibt es konzeptionell bei einer Übergangslösung. Alle Frauenhäuser unterstützen zwar bei der anschließenden Wohnungssuche, die Bereitstellung von Anschlusswohnungen ist jedoch nur in verschwindend geringem Ausmaß möglich. Konfrontiert mit den Herausforderungen des Wohnungsmarktes kehren viele Gewaltbetroffene früher oder später wieder in die Abhängigkeit ihrer gewalttätigen Partner zurück oder laufen Gefahr, in die Obdachlosigkeit abzurutschen. Obdachlos geworden, besteht dann auch keine Möglichkeit zur Kurzzeitaufnahme im Frauenhaus mehr.

Die Linke Konstanz fordert

  • einen Ausbau der Mittel für Frauenschutzhäuser sowie für Beratungsstellen für Frauen* mit Gewalterfahrungen: insbesondere im ländlichen Raum müssen niederschwellige, mobile Hilfsangebote ausgebaut werden
  • den Kreistag auf, Projekte, die sich für Anschlussbetreuung und -unterbringung einsetzen, sowie die Kommunen im Ausbau weiterer Unterstützungsmaßnahmen zu fördern, etwa Wohnungskontingente für die Frauen* und ihre Kinder bereitzustellen
  • gerade in den beengten Wohnverhältnissen der Geflüchtetenunterkünfte auf eine konsequente Umsetzung des Gewaltschutzes zu sorgen und flächendeckend entsprechende Anlaufstellen zur Verfügung zu stellen
  • den Kreistag auf, eine Trauma-Ambulanz im Landkreis Konstanz beim Landespräsidium einzufordern: derzeit befindet sich die nächste Ambulanz in Ravensburg
  • den Landkreis auf, einen niederschwelligen Zugang zu barrierefreien Hilfeleistungen zu gewährleisten
  • die Einrichtung einer Anlaufstelle für männliche* Opfer
  • die Einrichtung einer Anlaufstelle auch für Täter:innen oder zur Tat neigende Personen, auch für Jugendliche

Queere Communities stärken

Im Landkreis Konstanz mangelt es an Anlaufstellen und Unterstützung für queere Menschen. Zwar gibt es seit kurzem eine neue Anlaufstelle der Mobilen Jugendarbeit in Konstanz für queere Jugendliche. Diese wird jedoch nur symbolisch aus Landesmitteln gefördert (etwa 5.000 Euro). Natürlich begrüßen wir die Etablierung dieser Erstanlaufstelle. Dennoch muss viel passieren, um die Unterstützung queerer Menschen auch im ländlichen Raum zu gewährleisten. Eine einzelne, unterfinanzierte Anlaufstelle reicht dabei keinesfalls aus.

Überdies müssen weitere Beratungsstellen, aber auch Lehrkräfte und Angehörige queerer Personen mit eingebunden werden. 2023 wurde durch die Gleichstellungsbeauftragte eine wichtige Schulungsreihe für Lehrkräfte organisiert. Die Sensibilisierung zu queeren Themen darf aber keine einmalige Veranstaltung für ohnehin engagierte Fachkräfte sein, sondern muss flächendeckend und verpflichtend zum Thema gemacht werden.

Gerade bei den Themen Identität, Sexualität und Partnerschaft halten wir ein flächendeckendes Angebot an weltanschaulich neutralen Beratungsstellen für geboten. Ohne die Professionalität und Sensibilität der Mitarbeitenden in Frage zu stellen, halten wir kirchliche Träger schlicht nicht für ideale Ansprechpartner für die Probleme und Fragen queerer Personen und derer Angehöriger.

Die Linke Konstanz fordert

  • den Ausbau weltanschaulich neutraler Beratungsstellen, insbesondere bei sensiblen Themen wie Ehe- und Familienberatung
  • den Ausbau spezifischer Beratungsstellen für queere Personen sowie die Förderung queerer Netzwerke, insbesondere im ländlichen Raum
  • landkreisweite Fortbildungsprogramme zu fördern und zu unterstützen: insbesondere an Schulen braucht es feste Ansprechpartner:innen und in den Bedarfen queerer Jugendlicher geschulte Lehrkräfte
  • die Vernetzung und Zusammenarbeit der in den Kommunen ansässigen Angebote zu unterstützen: diese organisieren sich bislang meist selbst und in großen Teilen durch ehrenamtlich Tätige
  • eine engere Kooperation zwischen den Landkreisen, um beispielsweise mehr regionale Jugendzentren für queere Jugendliche aufzubauen

Mehr Inklusion wagen

Jeder Mensch hat das Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Es gibt jedoch viele, die mit Teilnahmebeschränkungen rechnen müssen: Menschen mit Sprachbarrieren, ältere Menschen, Menschen, die mit Gehhilfe oder mit Kinderwagen unterwegs sind, Menschen mit einer Lern- oder Sinnesbehinderung, Kinder, Menschen mit Leseschwäche, und viele mehr …

Der Landkreis muss sich für eine gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen einsetzen. Dies hört nicht bei räumlicher Barrierefreiheit auf – und selbst hier besteht enormer Nachholbedarf. Rathäuser, der ÖPNV, Kunst- und Kulturinstitutionen, Freizeitangebote, Praxen: Viele öffentliche Orte und Angebote schließen erhebliche Teile der Gesellschaft aus.

Die Linke Konstanz fordert

  • Inklusion beim Bau öffentlicher Institutionen von Anfang an mitzudenken: dies schließt neben baulicher Barrierefreiheit auch die sprachliche Barrierefreiheit mit ein
  • den Kreistag auf, die Einhaltung von Aspekten der Barrierefreiheit in allen Bereichen der Stadt- und Gebäudeplanung, im Gesundheitswesen sowie in der Sozialhilfe kritisch zu überprüfen: Menschen mit Zugangsbeschränkungen müssen mit einbezogen werden
  • den Landkreis auf, sicherzustellen, dass ausreichend Anlaufstellen in der Gesundheits- und Sozialversorgung barrierefrei zu erreichen sind
  • eine niederschwellige Übersicht über barrierearme oder barrierefreie Angebote und Orte im Landkreis: hierfür muss die bereits bestehende Wheelmap” der Stadt Konstanz auf den Landkreis erweitert werden
  • alle wichtigen Dokumente, Formulare und Informationen der Landkreisverwaltung und deren Dienstleistungen, online wie analog auch in einfacher und leichter Sprache sowie als barrierefreie PDFs zur Verfügung zu stellen. Die Möglichkeit, Informationen in entsprechender Form anfordern zu können, muss niederschwellig bekannt gemacht werden.

 

6. Demokratie und Mitbestimmung ausbauen

Entscheidungen des Kreistags haben große Auswirkungen auf das Leben der Kreiseinwohner:innen, trotzdem sind sie bisher kaum direkt in politische Prozesse eingebunden. Gerade bei kritischen Entscheidungen und den sich anschließenden Debatten wird ein Mangel an demokratischer Mitbestimmung sichtbar. Politik und ihre komplexen Abwägungen werden von den Menschen aber nur dann akzeptiert, wenn sie selbst Teil der Willensbildung sind. Demokratie lebt nicht nur von Wahlen, sondern auch von gelebter Beteiligung. Politik und Verwaltung müssen es den Einwohner:innen zutrauen und zumuten, Entscheidungen mitzudebattieren und mitzuverantworten.

Parlamente sind zwar der höchste Ort der Gesetzgebung, die Demokratie selbst muss jedoch an der Basis gelebt werden. Die Beteiligung der Bevölkerung ist, wenn sie richtig gemacht wird, ein Weg, Politik einfacher umzusetzen. Auch können so die Erfahrungen der Menschen vor Ort, also der Betroffenen, direkt mit einbezogen werden. Lasst uns diese Potentiale der Mitgestaltung endlich konsequent nutzen!

Ein Schritt in die richtige Richtung war es, dass die Fraktion Die Linke zusammen mit den Grünen und der SPD durchsetzen konnte, dass die vorbereitenden Ausschuss-Sitzungen nun i.d.R. öffentlich tagen. Die Linke Konstanz wird die praktische Umsetzung kritisch beobachten. Potenzial sehen wir auch in der – wenn auch zaghaften – Einrichtung von Bürger:innenräten: Diese bieten der Bevölkerung die Möglichkeit, über bestimmte Fragen zu diskutieren und ihre Ansichten in den politischen Prozess zu tragen. Leider ist dies bisher punktuell auf ein Thema, einen Zeitraum und einen kleinen Teil der Bevölkerung beschränkt. Daher können Bürger:innenräte nur der Anfang der direktdemokratischen Mitgestaltung auf kommunaler Ebene sein!

Beteiligungsprozesse müssen gut vorbereitet und moderiert werden, um zu verhindern, dass sie als Bühne für persönliche Ressentiments genutzt werden. Der Einsatz didaktischer Mittel darf aber nicht dazu führen, dass die Teilnehmenden mit Lockerungsübungen, bunten Zetteln und Klebepunkten bespielt werden, um Ideen für die Verwaltung zu entwickeln, aber ihre Sichtweisen und Probleme nicht in offener Diskussion darstellen können. So wichtig es ist, konstruktive Lösungen zu erarbeiten, so wichtig ist es auch, selbst unfertigen Gedanken und Eindrücken Raum zu geben. Nicht jeder Redebeitrag muss in eine vorgegebene Form passen. Wenn die Menschen aus einer solchen Sitzung kommen und das Gefühl haben, doch nicht das vorgebracht haben zu können, was sie wirklich bewegt, haben wir in dem Versuch, der Politikverdrossenheit entgegenzuwirken, versagt.

Die Linke Konstanz fordert

  • Erfahrungen von engagierten, zivilgesellschaftlichen Bewegungen, Initiativen, Verbänden und Vereinen stärker in die Ausgestaltungsprozesse von Politik und Verwaltung zu integrieren
  • Einwohner:innen unseres Landkreises bei Entscheidungen stärker mit einzubeziehen und durch Beteiligungsverfahren, Befragungen, Bürger:innen-Räte und -Entscheide an für ihr Leben wichtigen Fragestellungen zu beteiligen
  • neue Online-Beteiligungsverfahren, wie sie in anderen Landkreisen bereits erprobt werden
  • größtmögliche Transparenz des Kreistages und der Kreisverwaltung für eine Stärkung der Beteiligungs- und Mitentscheidungsrechte
  • bei allen Beteiligungsformaten auf ausreichend Zeit für eine offene Auseinandersetzung im Plenum zu achten und den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, das Vorgehen selbst mitzugestalten

 

7. Verwaltung: Gute Arbeit und besseres Wirtschaften

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Fachkräftemangel – die zahlreichen Krisen unserer Zeit haben auch in der Verwaltung ihre Spuren hinterlassen. Zu oft verteilt sich zu viel Arbeit auf zu wenige Schultern. Als Die Linke wissen wir, dass neue Stellen nicht einfach ein Kostenfaktor im Haushaltsplan sind: Ohne gut ausgebildetes Personal geht es nicht!

Um Fachkräfte anzuziehen, reicht der Hinweis auf den See und die schöne Landschaft bei Weitem nicht aus. Wer nicht hinreichend Personal auf dem freien Arbeitsmarkt findet, wird sich stärker um die eigenen Ausbildungs- und Weiterqualifizierungs-Angebote bemühen müssen. Da sich diese Tendenz verstärken wird, rufen wir die Kreisverwaltung auf, entsprechende Konzepte auszuarbeiten. Sie muss den Beschäftigten früh Sicherheit und Weiterentwicklungsmöglichkeiten bieten und auch bei denjenigen Potenziale entwickeln, die nicht mit der perfekten Passung anfangen.

Während sich das Landratsamt mit zahlreichen Vergünstigungen um seine Attraktivität als Arbeitgeber bemüht, sind doch viele Beschäftigungsverhältnisse nur als befristete Projektstellen oder nur in Teilzeit ausgeschrieben. Der Nachteil, es mit dem Konstanzer Mietmarkt aufnehmen zu müssen, lässt sich allein durch einen Zuschuss zum Sportstudio schlecht ausgleichen.

Die Ausrichtung der Verwaltungsarbeit auf zeitlich befristete Projektförderungen durch Bund und Land erschwert zudem zielgerichtete langfristige Planungen: Man nimmt, was gerade angeboten wird, und wenn die Förderung ausläuft, bleibt einiges auf der Strecke, was eigentlich gut funktioniert hat. Wir sehen die dahinterstehenden finanziellen Sachzwänge und fordern die Verwaltung dennoch auf, diese Vorgehensweise kritisch zu überprüfen.

Die Linke kritisiert zudem die zunehmende Inanspruchnahme externer Dienstleister. Sie erstellen Strategien, die oft vor allem eins tun: gut aussehen. Doch die beste Strategie nützt nichts, wenn sie nicht auch umgesetzt wird, und das beste Marketing versagt, wenn dahinter kein durchdachtes Konzept steht. Sicherlich gibt es Situationen, in denen ein Blick von außen hilfreich ist. Anstatt aber permanent viel Geld für derartige Kosmetik auszugeben, fordern wir das Landratsamt auf, die Kompetenzen der eigenen Mitarbeitenden ernst zu nehmen: Als diejenigen, die die Arbeit machen, wissen sie oft sehr gut, was wünschbar und was umsetzbar ist, kennen aber auch Defizite und Probleme. Sie sind als Expert:innen in eigener Sache stärker einzubeziehen.

Die Linke Konstanz regt an:

  • die Möglichkeit einer Ortszulage für die unteren Gehaltsgruppen zu prüfen.
  • Konzepte für „training on the job“ zu entwickeln, um Quereinstieg zu ermöglichen, und die Angebote von Ausbildungs- und dualen Studiumsplätzen auszubauen
  • die Arbeitgeber-Attraktivitäts-Maßnahmen gehaltsspezifisch umzugestalten, um vor allem diejenigen zu entlasten, die dieser Entlastung besonders bedürfen
  • die Souveränität über die eigenen Abläufe zu stärken, indem Förderprojekte genauer auf ihre Passgenauigkeit geprüft werden
  • sinnvolle Förderprojekte nachhaltig anzulegen, um sie auch nach Ablauf der Förderdauer fortführen und die Beschäftigten halten zu können
  • die Inanspruchnahme externer Beratungsagenturen kritisch zu überprüfen und möglichst gering zu halten

 

8. Finanzen: Wer soll das bezahlen?

Sicherlich haben Wahlprogramme oft auch etwas von Wünsch-Dir-Was: Sie sollen zeigen, was wir für gut und wichtig halten, damit Sie entscheiden können, ob Sie unsere oder die Vorstellungen anderer Parteien für besser halten. Am Ende müssen dennoch ein paar Worte zur Finanzierbarkeit unserer Vorschläge gesagt werden. Denn wie überall gibt es auch hier kaum eine Maßnahme zum Nulltarif.

Ganz prinzipiell ist Die Linke Konstanz der Auffassung, dass das Geld bei unseren Vorschlägen gut investiert ist: Sie stärken die öffentliche Daseinsfürsorge und entlasten so die Einwohner:innen; sie stärken den Zusammenhalt einer diversen Gesellschaft und machen unser Leben damit besser, inklusiver und vielfältiger; sie stärken die Prävention und machen die Menschen somit widerstandsfähiger gegen Risiken und Krisen. Auch, wo sich die Auswirkungen nicht in Euro umrechnen lassen, sind wir der Meinung: Das lohnt sich!

Und dennoch: Bei der derzeitigen Finanzlage wird sich nicht alles davon – und vielleicht am Ende nur ein kleiner Teil – umsetzen lassen. Wir können Ihnen nicht versprechen, dass unsere Vorschläge verwirklicht werden. Aber wir versprechen Ihnen, dass wir uns dafür mit all unserer Kraft einsetzen werden!

Für alle, die sich nicht im Detail mit Kreisfinanzen auskennen, hier nur ein paar Sätze dazu. Auf jeder anderen staatlichen Ebene können die Entscheidungskörperschaften Steuern erheben bzw. deren Höhe festlegen. Im Kreis läuft das anders: Seine Einnahmen kommen großteils von anderen staatlichen Akteuren – einerseits vom Land, andererseits über die Kreisumlage von den Kommunen. Die Höhe der Landesmittel kann der Kreistag nicht beeinflussen, die Kreisumlage kann er hingegen selbstständig festsetzen, solange er damit die Leistungsfähigkeit der Kommunen nicht überfordert. Wie wichtig auch immer unsere Ziele auf Kreisebene sein mögen – wir werden sie nicht um den Preis umsetzen, damit den Handlungsspielraum der einzelnen Städte und Gemeinden auf null zu reduzieren. Das geht nicht und das wollen wir auch nicht. Damit aber sind wir bei dem grundsätzlichen Problem: Woher soll das Geld kommen, das derzeit nicht da ist?

Die ohnehin schon problematische Finanzierungsstruktur des Kreises wird durch die aktuelle Finanzlage enorm verschärft. Einerseits stehen die Kommunen finanziell mehr oder weniger mit dem Rücken an der Wand, andererseits hat der Kreistag Investitionen in ungewöhnlichem Ausmaß vor sich: War bislang der Neubau des Berufsschulzentrums das teuerste, was sich der durchschnittliche Konstanzer Kreisrat (ja, der ist nun mal männlich*) vorstellen konnte, hebt uns der Neubau des Zentralen Klinikums in nie gekannte Kostendimensionen. Die Schulden des Kreises werden voraussichtlich in bislang unvorstellbare Höhen steigen.

Nachhaltig lösbar wäre das Problem nur auf einer anderen politischen Ebene: Mit einer grundlegenden Reform der Kreis- und Gemeindefinanzierung. Als Die Linke auf Bundesebene fordern wir das seit langem. Als Die Linke im Kreistag müssen wir mit den Bedingungen leben, die sich uns bieten. Wir können nur versuchen, den Mangel zu verwalten und möglichst bedacht hauszuhalten, um so die eine oder andere Forderung doch umsetzen zu können.

Die Linke Konstanz fordert

  • die Wiedereinsetzung der Haushaltsstrukturkommission des Kreistags zur Auswertung der Wirksamkeit der beschlossenen Maßnahmen, z.B. der Strategietabelle
  • die stärkere Berücksichtigung der finanziellen Auswirkungen von Beschlüssen in allen Ausschuss-Sitzungen; es muss über das laufende Haushaltsjahr hindurch bewusst sein, welche Auswirkungen das eigene Handeln als Kreisrät:in in finanzieller Hinsicht hat
  • das Land stärker in die Pflicht zu nehmen, z.B. bei der Krankenhausfinanzierung und der Spitzabrechnung der Geflüchtetenunterkünfte
  • den Landkreistag stärker zu nutzen, um gemeinsame Probleme aller Landkreise öffentlichkeitswirksam zu artikulieren
  • die Arbeit an einem kommunalen Konsens zu einer umfassenden Kommunalfinanzreform

 


 

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